Unitymedia schaltet einen Gastzugang frei ohne seine Kunden zu fragen. Auf diesem Wege möchte das Unternehmen hunderttausende zusätzliche Wifi-Hotspots bereitstellen. Ist das erlaubt?
Für die WLAN-Router seiner Kunden gilt: Unitymedia schaltet einen Gastzugang frei. Das bedeutet, dass die Router der Kunden künftig als offene Hotspots fungieren, ohne dass dafür deren Zustimmung eingeholt wird. Da tröstet es auch nur wenig, dass Unitymedia das Wifi-Spot-Signal für das öffentlich zugängliche Netz abtrennen und die Störerhaftung übernehmen will. Bei der Störerhaftung stellt sich die Frage, wer im Falle einer gesetzeswidrigen Nutzung des Wifi-Spots die Haftung übernimmt.
Die Ankündigung, dass Unitymedia diesen Schritt durchführt, erhielten die Kunden per Post. „Schon wieder Werbung“, werden sich viele Unitymedia-Kunden gesagt und das Schreiben ungelesen in den Mülleimer geworfen haben. Dabei hat es der Inhalt in sich:
» Nehmen Sie Ihr WLAN doch einfach mit! – PDF-Datei [1.76 MB]
Unter der fröhlichen Überschrift „Nehmen Sie Ihr WLAN doch einfach mit!“ verbirgt sich Brisantes. Dabei liest sich die Kernaussage doch so positiv. Durch die Freischaltung privater Router für die Öffentlichkeit soll „eines der größten WLAN-Netze der Region“ entstehen. Positiv hervorgehoben wird auch, dass das vollkommen automatisch geschieht. Eine Zustimmung des Kunden ist nicht erforderlich: „Sie müssen nichts tun außer sich zurückzulehnen und sich vorzufreuen.“
Aber was ist, wenn der Kunde sich nicht darauf „vorfreuen“ möchte, dass demnächst jeder andere Unitymedia-Kunde über seinen Router surfen kann? Für diesen Fall heißt es: „Sie können der Freischaltung des separaten WLAN – Signals auf Ihrem Router innerhalb der nächsten 4 Wochen widersprechen.“
Unitymedia schaltet einen Gastzugang frei ohne die Einwilligung des Kunden einzuholen
Gefühlt müsste es eigentlich umgekehrt ablaufen: Unitymedia muss bei seinen Kunden nachfragen, ob sie ihren Router überhaupt für die Öffentlichkeit freischalten möchten.
Dass Unitymedia den umgekehrten Weg geht, ist aus Unternehmenssicht nur vernünftig. Denn die Zahl derjenigen, die Widerspruch einlegen, dürfte nur einen winzigen Bruchteil derer ausmachen, die explizit eine Zustimmung für die Nutzung erteilen würden. Die automatische Freischaltung eines Gastzugangs durch Unitymedia brachte das Unternehmen seinem Ziel, bis Ende 2016 rund 1,5 Millionen WLAN-Hotspots anzubieten, ein gehöriges Stück näher.
Allerdings bleiben bei diesem Vorgehen Fragen offen. Die Bundesnetzagentur hatte angekündigt, den Vorgang zu prüfen. Denn Verbraucherschützer halten es für erforderlich, dass die explizite Zustimmung des Kunden vorliegt.
Sie sind nicht bereit, die Sichtweise von Unitymedia zu teilen, deren Sprecher Helge Buchheister auf Anfrage von Golem mitteilte: „Wir sind überzeugt, dass die Mehrheit unserer Kunden diesen neuen Service als Mehrwert empfindet und nutzen wird. Um für diese Kunden den Zugang zum WifiSpot-Service so einfach wie möglich zu gestalten, haben wir uns für dieses Verfahren entschieden.“
Verbraucherschützer halten eine Vertragsänderung ohne Zustimmung des Kunden für unwirksam. Kritisch sehen sie auch die Vorgabe von Unitymedia, dass der Router dann permanent online sein muss. Der Kunde darf ihn dann nicht – beispielsweise aus Angst vor unnötiger Strahlenbelastung – über Nacht abschalten.
Widerspruch zu Unitymedias Gastzugang einlegen
Was passiert, wenn ein Kunde Widerspruch zu Unitymedias Gastzugang einlegt? Dann kann er selbst die Wifi-Hotspots anderer Unitymedia-Kunden nicht nutzen. Das ist nur fair: wer selbst nicht bereit ist, seinen Router zu teilen, soll nicht von den WLAN-Hotspots anderer Kunden profitieren.
Können Unitymedia-Kunden die Hotspots überhaupt nutzen?
Es stellt sich die Frage, inwieweit Unitymedia-Kunden die neuen Hotspots privater Router überhaupt nutzen können. Ein Problem, welches in der öffentlichen Diskussion bisher keine Erwähnung fand: was ist mit Kunden, die zwar einen DSL-Anschluss bei Unitymedia haben, deren Mobilfunkvertrag jedoch bei einem anderen Anbieter abgeschlossen wurde? Sie können sich auch dann nicht in die Unitymedia Wifi-Hotspots einloggen, wenn sie ihren eigenen Router freigeben. Dazu müssten sie zunächst auch mit ihrem Mobilfunkvertrag zu Unitymedia wechseln. Ob das eine interessante Option ist, muss jeder für sich entscheiden. Ein einfacher Vergleich ergibt:
- Unitymedia
Aktuell kostet das Paket PureMobile Allnet Flat 1 GB von Unitymedia monatlich 24,99 Euro. Dafür erhält der Nutzer 1 GB mobiles Datenvolumen für das Smartphone oder Tablet inklusive, darf kostenlos innerhalb des Unitymedia Mobil- und Festnetzes sowie ins deutsche Festnetz telefonieren. Dafür kostet jede SMS 9 Cent extra. - Alditalk / Lidl
Zum Vergleich: bei Alditalk erhält der Kunde mit dem Paket 300 für 7,99 Euro pro Monat ein mobiles Datenvolumen von 1,25 GB, darf unbegrenzt innerhalb des Aldi-Netzes telefonieren und erhält 300 Minuten oder 300 SMS pro Monat inklusive. Ähnliches gilt für das Smart S Paket von Lidl, welches für denselben Preis weitgehend identische Leistungen wie Aldi bietet. Bei beiden Anbietern beträgt die Kündigungsfrist einen Monat statt – wie bei Unitymedia – wahlweise 3 Monate bzw. 24 Monate.
Das Ende der freien Routerwahl?
Unitymedia stellt seinen Kunden unentgeltlich Router zur Verfügung. Diese gehören zwar prinzipiell Unitymedia und werden den Kunden lediglich zur Nutzung überlassen. Die Kunden bezahlen dafür aber monatlich im Rahmen ihrer DSL-Rechnung indirekt auch ein Nutzungsentgelt. Zwar trat zum 01.08.2016 das Gesetz zur freien Routerwahl in Kraft und auch Unitymedia-Kunden dürfen sich seitdem über Fremdgeräte ins Internet einwählen. Da sich die WiFi-Spots aber nur auf bestimmten Routern einrichten lassen, können die Kunden keinen beliebigen Router verwenden wenn sie am Wifi-Hotspot-Netzwerk teilnehmen möchten. Verbraucherschützer beanstanden, dass dadurch die gesetzlich verankerte freie Routerwahl eingeschränkt wird.
Tipp: Informieren Sie sich im Bereich Web-Recht und Mach’s Nicht über weitere Themen.
Stichworte: Unitymedia schaltet einen Gastzugang frei
Noch ein Grund, den Anbieter zu wechseln. Unitymedia macht auch oft Probleme bei der Internetanbindung.